Zusammenfassung
Einleitung Im Jahr 2006 wurde eine interdisziplinäre Stellungnahme zur präoperativen Gerinnungsdiagnostik
bei Kindern vor einer Tonsillektomie/Adenotomie (TE/AT) veröffentlicht. Diese empfiehlt,
auf die präoperative „Routinegerinnung“ zu verzichten und stattdessen einen standardisierten
Fragebogen zur Abklärung einer Blutungsneigung zu verwenden. Ziel der vorliegenden
Studie war es zu überprüfen, ob es nach der Umsetzung der Empfehlung zu einer Veränderung
der Nachblutungsrate gekommen ist.
Methoden Mittels einer retrospektiven Datenanalyse der Jahre 2003 und 2009 wurde die Inzidenz
von Nachblutungen bei Kindern nach TE, AT und kombinierter ATE untersucht. Während
2003 nur eine freie Anamnese durchgeführt wurde und in Teilen eine Routinegerinnung
vorlag, wurden 2009 alle Kinder durch den standardisierten Fragebogen gescreent und
im Verdachtsfall eine umfassende Gerinnungsdiagnostik vorgenommen.
Ergebnisse 2003 wurden 352 Kinder operiert, in 25 Fällen (7,1%) kam es zu Nachblutungen, wovon
18 (6,1%) revidiert werden mussten. 2009 wurden 293 Kinder operiert, 20 (6,8%) Kinder
erlitten eine Nachblutung, 14 (4,7%) wurden operativ revidiert. Ein statistisch signifikanter
Unterschied in der Nachblutungsrate zwischen beiden Kollektiven zeigte sich nicht.
Bei 5 der Kinder, die 2003 nachgeblutet hatten, lag präoperativ ein Gerinnungslabor
vor, das in allen Fällen unauffällig war. Auch alle postoperativ durchgeführten Gerinnungsuntersuchungen,
die im Anschluss an die Nachblutungen in beiden Gruppen durchgeführt wurden, waren
unauffällig.
Schlussfolgerung Die Anwendung des standardisierten Fragebogens unter Verzicht auf eine Routinegerinnung
führt nicht zu einer nachweisbaren Veränderung der Nachblutungsrate nach TE/AT. Die
Ergebnisse bestätigen darüber hinaus, dass Nachblutungen nach TE/AT in aller Regel
nicht Ausdruck einer kompromittierten Blutgerinnung sind.
Abstract
Introduction A 2006 position paper suggests assessing coagulation status via a standardized questionnaire
instead of performing routine coagulation testing for children undergoing tonsillectomy/adenotomy.
The aim of the presented study was to evaluate whether this paradigm change led to
a change in the incidence of secondary bleeding.
Methods Descriptive statistical analysis of existing clinical data was performed to evaluate
the incidence and characteristics of secondary bleeding in children after tonsillectomy/adenotomy
in 2003 vs. 2009.
Result In 2003, 352 children underwent surgery. Secondary bleeding occurred in 25 cases
(7.1%), 18, (6.1%) of which required surgical treatment. In 2009, 20 out of 293 children
who had undergone tonsillectomy/adenotomy suffered from secondary bleeding, 14 required
(4.7%) surgical treatment. There was no significant difference in the incidence of
bleeding between those years. In 5 children who suffered from secondary bleeding in
2003, preoperative diagnostic blood coagulation testing was performed, none of them
showed abnormal results. Furthermore, none of the diagnostic blood coagulation tests
performed after secondary bleeding in both groups showed any abnormalities.
Conclusion Using a standardized questionnaire instead of a diagnostic blood coagulation testing
for preoperative coagulation assessment does not have an influence on the incidence
of secondary bleeding after tonsillectomy/adenotomy. The results of this study suggest
that secondary bleeding is not is not caused by abnormal hemostasis.
Schlüsselwörter
Tonsillektomie - Kindesalter - Blutgerinnung - Nachblutung - Adenotomie
Key words
tonsillectomy - blood coagulation - secondary bleeding - childhood